Eine „echte“ Lederhos´n

Es lebe die Traditon

 

Von Hirschleder, Plattstich, Säcklerei, arabischen Königsfamilien und dem Wunsch, dass die Lederhos´n nicht dem Kitsch zum Opfer fällt.

Mitten in einer der schönsten Regionen Bayerns. Der Watzmann ragt groß und mächtig empor. Der Königssee schimmert smaragdgrün. Berchtesgaden hat viel zu bieten: Natur, Geschichte,  Tourismus und vor allem Tradition. Zu letzterer gehört auch die Berchtesgadener Tracht. Eine über 100 Jahre alte Tracht, die häufig an Sonn- und Feiertagen und als Festtagskleidung getragen wird, aber auch bei vielen Vereinen und Musikkapellen Anhänger gefunden hat.  Aber ein solches Gewand kann man nicht einfach von der Stange kaufen. Echte Tracht wird maßgeschneidert, Handgemacht und individuell auf den „Träger“ angepasst. Man sucht sich dafür einen Säckler – einen Erzeuger für ledernes Beinkleid – oder besser noch: man fährt direkt nach Berchtesgaden zu Familie Aigner.

Engelbert Aigner strahlt über das ganze Gesicht und seine Augen funkeln wenn er beginnt von der Lederhosen Herstellung zu reden. Ein seltener Beruf ist es geworden, der des Säcklers oder eben auch Lederhosenmachers. Für ihn ist es kein Beruf, für ihn ist es Berufung, Passion und Leidenschaft. Und für ihn ist es die Erfüllung eines Traums, der immer noch Platz hat weiter zu wachsen.

 

(c) Lederhosen Aigner

 

Dass es schon immer Hosen aus Leder gab, dass es bereits vor Christi Geburt in Mesopotamien war, dass es eines der ältesten Handwerke ist, das alles sind die Dinge die ihn an der Kunst und am Handwerk faszinieren.

Salonfähig waren Lederhosen jedoch nicht immer. Erst im 19. Jahrhundert war es, als der Adel sich auf dieses Beinkleid besann und es bis zur heutigen Zeit zu einem Luxuriösen Kleidungsstück macht. Zu dieser Zeit etablierten sich, besonders in Bayern, auch die ersten Trachten- und Traditionsvereine und es kristallisierten sich regionsspezifische Eigenschaften heraus:

Die Garnfarbe der Stickerei, die Stichart, die unterschiedlichen längen bis hin zu Hosenträgern, Taferln und natürlich Socken, Wadenstrümpfen und Schuhen.

So entstand die Tradition, die echte Tracht zu einem ganz besonderen Kleidungsstück werden lässt.

Engelbert Aigner hat sich schon bald nach seiner Lehrzeit im elterlichen Bauernhaus eine kleine Werkstatt eingerichtet und begann seine ersten Lederhosen dort zu schneidern. Sein Kundenstamm wuchs an, nicht zu Letzt durch seine Verbindungen zu Musikanten und Trachtlern. Die kleine Werkstatt „platze aus allen Nähten“ und es musste expandiert werden. In der Nähe wurde ein geeignetes Geschäftslokal frei und Engelbert siedelte mit samt seinen immerhin schon 4 Mitarbeitern um. Die Werkstatt war nun größer und sogar ein kleiner Verkaufsraum stand den Kunden zur Verfügung. Das Angebot wurde nun ständig erweitert. Die Kunden bekamen beim Lederhosenmacher mehr als nur eine Lederhosen, Socken, Schuhe, Schmuck und Hüte. Auch die Damen kamen auf ihre Kosten: feine, schicke, traditionelle Dirndl wurden bald verkauft. Der Kundenstamm hat sich weiterhin vervielfältigt und sogar über die bayerischen, ja sogar deutschen Grenzen hinaus wurden Aigner Lederhosen zu einer Qualitätsmarke. Kunden aus Amerika, Australien und Fernost kamen nach Berchtesgaden um sich „ihre“ Lederhose machen zu lassen. Unterstützung kam aus der eigenen Familie, Engelbert Junior, der Sohn, erlernte ebenfalls mit Begeisterung das Säckler-Handwerk.

 

Heute ist aus der Lederhosen Werkstatt eine Manufaktur geworden. Mitten in der Fußgängerzone von Berchtesgaden im historischen Triembacherhaus finden Kunden aus der ganzen Welt Rat und Hilfe und perfekt angepasste traditionelle echte Tracht.

Wenn aus der kleinen Werkstatt auch eine stattliche Manufaktur mit angeschlossenem Ladengeschäft geworden ist, so hat sich Familie Aigner eines jedoch behalten: Die Qualität.

Beginnend beim Leder – es wird ausschließlich sämisch gegerbtes Hirsch- oder Gamsleder verwendet. Die fertige Lederhose ist dann ein reines Naturprodukt. Zum Besticken wird Maulbeer-Seide verarbeitet, Knöpfe bestehen aus Hirschhorn oder Steinnuss und Kleber wird aus Roggenmehl und Wasser angerührt. Von Billigimporten aus Indien und Pakistan will der Säckler nichts wissen. Er kauft nur Leder aus Regionen der Alpen.

Die Handarbeit – Lederhosen bei denen jeder Stich mit der Hand genäht ist sind bereits von weitem optisch zu erkennen. Die feinen Stickereien wirken maschinell erstellt niemals so hochwertig.

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Die kleinen Änderungen im Leben – kein Kleidungsstück kann man so gut und individuell anpassen wie die Lederhose. Und wenn die Schweinshax´n noch besser schmeckt weil man eine schicke Tracht trägt, dann kann man ohne weiteres das gute Stück etwas weiter machen. In die andere Richtung geht es natürlich genauso.

 

Lederhosen sind längst nicht mehr nur ein Beinkleid für ältere, gesetzte Herrn mit Voll- und Gamsbart. Die Dame von heute trägt sie genauso wie die Herrn im Heiratsfähigen Alter, wie die Burschen die sich frisch auf die Pirsch begeben und natürlich darf auch beim ersten Tag im Kindergarten die Lederhose nicht fehlen.

Tracht ist in Mode, mehr denn je. An dieser Stelle verliert Engelbert Aigner jedoch das erste Mal den Glanz aus seinen Augen. Die Sorge, dass ein so traditionelles Kleidungsstück, mit so viel geschichtlichem Hintergrund im Wandel der Zeit „verkitscht“ wird weil die Gesellschaft Tradition mit Moderne übertrieben vermischt ohne mit der Wimper zu zucken missfällt dem Handwerker. Gleiches sagt er übrigens auch über die Dirndl. Die Richtige Mischung macht es eben aus. Traditionelles Gewand verlangt eben traditionelles Denken.

Grundsätzlich hat Familie Aigner allerdings nichts gegen Moderne: Im Ladengeschäft liegen iPads aus, auf denen man sich per Diashow die einzelnen Meisterstücke anschauen kann.

Das Lächeln und die strahlenden Augen kommen bei Engelbert auch wieder zurück, als er erzählt, dass einmal ein arabischer Prinz bei Ihm war und sich eine Lederhose hat machen lassen. Er schmunzelt: „Traditionell tragen die ja auch keine Lederhosen – trotzdem sah er schick aus und seine ganze Familie samt Hofstaat hat er auch gleich eingekleidet – dann haben wir noch ein Bayerisches Fest organisiert und die Moderne Welt hat traditionell bayerisch gefeiert!“

(c) Lederhosen Aigner
Engelbert Aigner

Kontakt zu Lederhos´n Aigner:
Engelbert Aigner
Metzgerstr. 1
83471 Berchtesgaden

http://www.lederhosen-aigner.de/

 

Vielen Dank für die zur Verfügung gestellten Bilder!

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