Hulapalu – im Ausland und fern der Heimat
Die Stunden im Exil sind für mich gezählt. Nicht mehr lange, dann darf ich wieder heim. Was heißt, dann darf ich wieder heim. Zwingt mich ja schließlich niemand hier zu sein. Aber daheim ist es halt doch am schönsten. Seit jeher habe ich ein ernsthaftes Problem: ich bin furchtbar gerne unterwegs, im Urlaub und auf Reisen – aber ich habe immer Heimweh. So sehr Heimweh, dass ich richtig krank werde. Das war als kleines Kind schon so. Hohes Fieber, Ohrenschmerzen oder richtig schlimme Magenschmerzen. Kein Familienurlaub ist vergangen, ohne dass ich nicht mindestens einen Tag im Bett liegen musste.
Jetzt bin kein ganz kleines Kind mehr. Heimweh habe ich noch immer.
Und ich werde immer noch richtig krank. Bierzelt hin, Rhein her. Ich muss wieder heim. Heim zu meinen Bergen. In meine Stadt. Zu meiner Isar und zu meinen Brezen.
Aber es hilft nix. Eine Mission habe ich hier noch zu erfüllen. Liebe Stammgäste von mir warten auf ihre Einlassbandl für die Wiesn und weil es eben gute Stammgäste seit vielen Jahren sind – bringe ich die persönlich vorbei! Nicht per Kurier oder Post, sondern eben persönlich. Die Zelte hier am Niederrhein habe ich bereits abgebrochen, jetzt geht es Richtung „Pott“. Einmal quer durch Düsseldorf. Kurz hinter Ratingen passiert was total Verrücktes: deutliche Erhöhung der Landschaft. Hügel rauf und in einer langgezogenen Kurve wieder runter. Wenn ich es nicht besser wüsste, dann könnte ich fast glauben das ich mich in einer Berglandschaft befinde. Jetzt ist des natürlich so, ich kenne das Gefühl von Alpen, sowohl im Blick, wie auch unter den Autoreifen. Aber nach 4 Tagen plattem Land ist sind die Erhöhungen des Niederbergischen Landes um Mettmann schon direkt „bergig“. Wenn ich nicht sicher wüsste, dass ich jetzt gleich in das Hoheitsgebiet der ehemaligen Dortmunder Unions Brauerei reisen würde, könnte ich fast ein Gefühl von „Daheim“ verspüren. Ganz ehrlich. Ich bin ein eingeschworener Bierliebhaber. Bier geht immer. Zu jedem Anlass. Mit und ohne Alkohol. Nur eins geht nie: Pils. Nicht warm, nicht kalt, nicht aus der Flasche, nicht aus der Dose, nicht aus dem Maßkrug und nicht aus der Tulpe. Und das obwohl ich weiß, das 1842 ein bayerischer Braumeister nach Pilsen reisen musste um den Böhmen dort ein gutes Bier zur brauen. Aber weil Pils eben im Vergleich zu anderem Vollbier viel hopfenhaltiger ist und deswegen auch viel bitterer schmeckt, bringt hier die ganze bayerische Entwicklungshilfe nichts, es schmeckt mir nicht.
Meine lieben Wiesn-Stammgäste wären keine guten Stammgäste, wenn sie um mein Pils-Problem nicht wüssten. Und nicht genug damit: ich habe grade meine Autotür aufgemacht und höre direkt die ersten Töne eines uns allen seit Tagen bekannten Liedes. Meine Einmarschmusik ist auf volle Lautstärke aufgedreht. „Du host du g´sogt und fu hob i gedacht, was nur du mich mir machst, wenn nur du für mi lachst“ (Als brave Leser meines Blogs mussten die natürlich keine Sekunde nachdenken, mit welchem Lied sie mich Willkommen heißen) Auf dem Gartentisch steht, frisch eingeschenkt, ein kühles, einladendes König-Ludwig Weißbier im Münchner Kindl Glasl.
I bin Dahoam. Mei is des schee.
Gleich ist es soweit. Ich werde feierlich den Briefumschlag mit den Wiesnbandl überreichen. Eines der wertvollsten Mitbringsl was man dabeihaben kann. Ich kriege gleich Gänsehaut. Lang in meine Handtasche und finde Lippenstift, Handy, Kopfhörer, Tablet, Tagebuch, Schreibzeug, Sonnenbrille, Lesebrille, ein echtes ausgedrucktes Bild von meinen Kindern, aber weit und breit keinen Umschlag mit Bandl. Das ist kein Witz! Ich habe die echt nicht dabei. Nicht zu fassen!
Der Stimmung hier tut das keinen Abbruch. Wir erzählen alte Geschichten, von der Wiesn. Vom Fasching. Von Mallorca. Es ist ein geselliger, kurzweiliger und sehr schöner Abend. Als ich zu meinem Hotel fahre, merke ich, dass ich Muskelkater im Bauch habe vom Lachen.
Wat ist dat schön. Und am schönsten ist, dass es morgen Heim geht. Nach Bayern! Muss ja die Bandl noch verschicken. Zeit wird’s. Die Tage fliegen nur noch so dahin. Und meine Stammgäste? Die haben noch ein bisschen Zeit, sich seelisch und moralisch auf die Wiesn vorzubereiten. Die kommen erst in der zweiten Woche. Aber i g´frei mi narrisch – weil das macht meine Wiesn eben auch aus: das mich Freunde und Bekannte dort besuchen kommen. Bei mir daheim „im Wohnzimmer“.