Wiesn Tagebuch – noch 17 und der Rest von heute

Am Berg

„Am Gipfel vo am Berg sitz i mi hi. Schau übers Tal auf die Felswand Visasvis – wo die Schatten der Wolken, dem Stoa a Lebn eihaucht, bis die Sun hinterm Berg einedaucht.“

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Wenn man in Bayern lebt, dann hat man allen anderen etwas voraus: Urlaub direkt vor der Haustüre. Außerdem kann man was, was viele andere Menschen nicht so ohne weiteres können: an Berg geh und Kraft tanken. Luft holen. Leben genießen.

Wir haben ganz viele Berge um uns rum. Große und kleine, felsige und grasige, steile und flache. Welche die man zu Fuß erobern kann, welche die mit einer Gondel zu erklimmen sind. Im Winter erfreuen sich die bayerischen Alpen größter Beliebtheit, insbesondere natürlich auch bei Touristen. Im Sommer ist es viel ruhiger auf unseren Bergen. Da kann man entspannt und ohne Lärm die Natur genießen. Und überraschender Weise ist von selbiger auch noch einiges übrig. Kann man sich im Winter gar nicht vorstellen. Überall Lifte, Zäune, Skihütten, laute Musik und viel Party. Im Sommer ist das alles sehr gediegen und ruhig.

„Koa Maler auf da Welt kannt des moin, koa Millionär sich leisten oder zoin. Die Schönheit konn ma ned beschreim, des muaß a Werk vom Hergott sein.“

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Da oben am Berg, schaut alles ganz anders aus. Das was uns so groß und mächtig vorkommt – die Hotelbunker und die Autos – wird so klein und unscheinbar. Dass, was klein und unscheinbar wirkt – die vereinzelten Hütten irgendwo in einer Wiese – fallen auf einmal auf. Die Perspektive ändert sich. Komplett. Das tut gut. Es geht vieles viel langsamer. Die Wolken ziehen dafür viel schneller.

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Ich sitze hier oben am Berg auf einem Stein, schau über das Tal bis hin zu den großen erhabenen Felsgipfeln mit gegenüber. Die kleinen Straßen schlängeln sich durch das Tal. In der Ferne kann ich ein paar Wanderer erkennen die unterwegs sind, einen anderen Gipfel zu erklimmen. Um mich rum nur Stille und Ruhe. Weiter unten im Tal kann ich Kühe beobachten, die genüsslich das letzte frische Gras kauen. Die Sommerblumen auf den Almwiesen haben ihre kräftige Farbe schon verloren. Die Lifttrassen stehen „nackt“ in der Landschaft. Kein Sessel hängt dran. Kein Schlepper. Keine Gondel. Irgendwie hat es den Anschein, als wäre das ganze Tal still.

Aber es hängt auch eine Spannung in der Luft. Der Sommer ist fast vorbei und jetzt im Herbst geht es bald los, mit den Vorbereitungen für die Wintersaison. Bis es aber soweit ist, dass die Skihütten öffnen, dass die Lifte Tausende von Skifahrern auf die Berge bringen, dass die Skischulen ihre kleinen Slaloms in den Schnee stecken, bis dahin herrscht hier eine gemütliche und spannende Ruhe.

Es ist ein bisschen wie bei mir – ich weiß, dass es in wenigen Tagen losgeht. Aber jetzt – jetzt genieße ich die Ruhe vor dem Sturm. Genieße die Schönheit unserer Bergwelt. Lass mich verzaubern von den schnell ziehenden Wolken, von dem schon nach Heu duftenden Gras und von dem Wind der mir frisch um die Nase weht.

Wer ein paar Stunden entbehren kann, sollte sich die Zeit nehmen, unsere Welt mal aus einer anderen Perspektive zu sehen. Es tut gut festzustellen, dass wir gar nicht so viel sind wie wir denken.

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Auf dem teilweise steilen Weg nach unten kommt dann die Vorfreude zurück. Unter der Haut kribbelt es ganz leicht und im Bauch fliegen Schmetterlinge. Meine Wiesn geht bald los. I g´frei mi scho so narrisch. Zeit werd´s – nur noch 17 Tage!

Morgen: G´schichten von der Wiesn.

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