Meine große Familie

Weil ich schon so viel über Gäste und Bier und Zelte geschrieben habe:

Zur Bierzeltsaison lebe ich ja praktisch im Zelt. Also nicht so wie der gemeine Campingurlauber. Anders. Aber die Menge an Stunden die ich in einem Bierzelt verbringe ist bei weitem höher wie die Summe der Stunden, die ich nicht im Zelt bin. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass die Kollegen irgendwie zur Familie werden. Also nicht Familie im herkömmlichen Sinne, aber wir frühstücken zusammen, hören uns unsere gegenseitigen Wehwehchen an, lachen zusammen, schimpfen uns und gehen dann ein Versöhnungs-Weißbier trinken (an der Stelle erkennt man deutlich – keine Familie im herkömmlichen Sinne)

Dieses familiäre Getue ist in erster Linie mal zwischen den Bedienungen und Kellnern der Fall. In einigen Fällen jedoch, werden auch all die anderen Mitarbeiter aus dem Bierzelt in die Familie aufgenommen… Insbesondere dann, wenn man einfach schon jahrelang zusammenarbeitet. In Dachau ist das der Fall. Die Schankkellner sind seit vielen Jahren schon dort.

An dieser Stelle muss ich kurz die aktuelle Story unterbrechen. Hier was, was schon lange überfällig ist, was gesagt werden muss und was mir auf dem Herzen liegt: Lieber Jürgen, lieber Markus, auch nach 3 Jahren vermissen wir Euch immer noch sehr! Ihr seid uns ans Herz gewachsen und durch niemand zu ersetzten. Jedes Jahr und ganz oft wird immer wieder von Euch gesprochen. Das große Zelt hat mit Euch beiden zwei wunderbare Schankis verloren. (Sorry, auch die Paula muss mal für einen Moment sentimental werden)

Weiter geht’s:

Der Dachauer Festwirt hat das große Zelt dieses Jahr zum vierten Mal betrieben – damit sind auch viele Mitarbeiter in Küche und Büro und an den vielen anderen Stellen schon seit Jahren dabei. Direkte Familienzugehörigkeit besteht bei all denen irgendwie und sowieso – erstens kommen sie alle aus Kärnten und zweitens sind sie alle verwandt und verschwägert. Naja, nicht ganz alle, aber fast. Und wenn sie nicht verschwägert sind, dann irgendwie anders verbandelt. Kurz: hier treffen zwei Familiendynastien aufeinander. (Familie Bierzeltbedienung und Familie Rest)

Die Bedienungsfamilie ist in zwei Lager geteilt ist. „Der Garten“ und „das Zelt“. Das im Übrigen, ist in jedem Bierzelt der Fall, in dem nicht komplett rouliert wird. Sprich, in dem es einen „festen“ Garten Service gibt und einen „im“ Zelt. Beide Lager unter sich, sind eine Familie. Aber Familienübergreifende Freundschaften entstehen auch hier hin und wieder. Die Priorität bei allen liegt natürlich in der Arbeit. Nichts desto trotz – die Gaudi und der Spaß beim Arbeiten kommt auch nicht zu kurz.

Gleich am ersten Tag entstehen Rituale – die einen treffen sich zum Kaffee, sitzen gemütlich zusammen und ratschen. Die anderen machen zusammen Brotzeit. Jeder bringt was mit, der eine vom Bäcker, der zweite vom Metzger. Die nächsten Ratschen immer bei einer Zigarette, ganz gemütlich in der Morgensonne vor dem Zelt. Und die zwei Oberspezialisten gehen immer ohne mich Weißbier trinken. Aber des treib i dene scho no aus! Egal bei welchem Ritual sich die Kollegen treffen: es wird geratscht.

Es bleibt überraschenderweise unglaublich viel Zeit zum Ratschen. Und glaubt mir: ihr könnt froh sein, dass ihr nicht alles hört, was wir so ratschen. Klar, wir leben ja seit Tagen unter extremen Bedingungen.  Geduscht wird in Rekordzeit, Kaffee gibt es nur aus Pappbechern vom Bäcker, wir wissen nicht mehr wie Nudeln schmecken und wie sich eine Jeans anfühlt vergessen wir auch. Und unter uns Erwachsenen: Zeit für Bettsport ist nicht! Allerdings: über all diese Sachen spricht man. Über einen Frühstückskaffee daheim auf der Terrasse aus der Lieblingstasse. Über einen gemütlichen Abend beim Lieblingsitaliener. Über das Tragen von Bikinis und Shorts bei Temperaturen über 30 Grad im Schatten. Aber natürlich auch – und im Verlauf des Festes immer öfter – über unrasierte Beine und über nicht vollzogenen Sex (ob mit Partner oder wem auch immer sei an dieser Stelle offengelassen) Wobei das eine mit dem anderen praktisch direkt verbunden ist!

Ihr lacht jetzt – aber am Ende sind es genau diese Sachen, die uns fehlen: Kaffee, Nudeln, Bikini und Zeit zum Beine rasieren!

Wenn gleich wir ein komplett zusammengewürfelter Haufen sind: wir haben alle den gleichen Knall. Wir feiern das Bierzelt. Unser Bierzelt. Wir helfen uns, wenn´s Hilfe braucht. Und irgendwie mögen wir uns alle:

*Da ist der Kontrolleur, der mit mir Frühdienst tauscht, damit ich meine Kinder sehen kann – und der mir jede Minute die ich an der Küche gewartet habe, bescheinigt.

*Der ToGo-Gott aus dem Garten – der alles erklärt und am besten tapen kann.

*Der Lude und das Pferdchen, die mich mit August versorgen, bevor nix mehr geht.

*Die Bummi, die einfach fröhlich durchs Zelt quietscht.

*Die Bierträgerin Ramona, die in die Küche läuft, weil nix mehr geht.

*Die herzensgute Geli, die immer lacht.

*Die zwei Oberspezialisten Präse und Martl, die einfach ohne mich zum Weißbier gehen.

*Dagoberts Ilona, von der ich sooo viel gelernt habe.

*„Die Schwestern“ Sandra und Marie mit denen ich einfach immer lachen muss.

*Petra und Vroni, die am liebsten später kommen und früher gehen.

*Die Wally, die völlig narrisch wird, wenn was nicht ausgerichtet ist.

Und nicht zu vergessen mein Hannilein!

Und noch ganz, ganz, viele, viele andere narrische und verrückte mehr – Ihr macht das Bierzeltleben so lebenswert! Großartig mit Euch, schön, dass es Euch gibt! Und es ist herrlich, dass Ihr alle genauso seid, wie Ihr seid. Deswegen ist für jeden Gast die passende Bedienung dabei.

 

Notiz: ich hab die geilsten Kollegen – wenns knallt, dann richtig – ohne August ist ein Sommer nix – Weißbier schmeckt alleine nicht!

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