Teil I
„Na klar. Natürlich passiert mir des. Warum eigentlich ausgerechnet mir? Himmel, 100te Frauen wünschen sich nichts sehnlicher als ein Baby, aber nein… ich! Ich will doch überhaupt kein Kind. Ich will arbeiten, Karriere machen, ins Ausland, die Welt sehen.“
Das waren so ziemlich die ersten Gedanken, die mir in den Kopf schossen. Zugegeben. Ich war nicht sonderlich überrascht, dass ich tatsächlich schwanger war. Schon am Morgen „danach“ war mir klar, dass irgendwas komisch war. Ich hatte zwar ein paar Bierchen getrunken, aber an den Heimweg konnte ich mich noch erinnern. Bei meinem Bekannten angekommen bekam ich dann von ihm ein Glas Wasser. Das war das Letzte, an das ich mich erinnern konnte. Um es auf den Punkt zu bringen: ich kannte ihn schon einige Jahre. Ich fand ihn nie attraktiv. Ich hatte kein einziges Mal das Bedürfniss mit ihm zu schlafen. Allerdings: er schon. Langer Rede, kurzer Unsinn. Es kann sich an dieser Stelle jeder selbst denken, was geschehen ist. Und nein. Ich habe es nie erzählt.
„Himmel, liebes Kind, du steckst doch noch in der Ausbildung. Was willst du denn jetzt machen? Wie soll das denn alles gehen. Kannst du nicht aufpassen?“
Das war die Familie. Nach dem ersten Schock, haben die sich aber schnell wieder erholt und sind mit allen erdenklichen Kräften hinter mit gestanden. Ich war keine Sekunde alleine. Und nach ein paar Wochen, hat man sich sogar gefreut. Ich nicht. Aber die Familie. Die engen Freunde. Gefragt hat ganz bald niemand mehr. Sie haben es einfach so hingenommen. Großartig, DANKE dafür. Aber ich war jetzt schwanger. Im Sommer sollte mein Kind zur Welt kommen. Um es genau zu sagen: zwei Tage nach meiner Abschlussprüfung als Hotelfachfrau. Sehr witzig. Ist ja weithin bekannt, dass so eine Lehre im Hotel genau das Richtige ist, für werdende Mamas. Kaum Stress. Geregelte Arbeitszeiten. Keine Körperliche Anstrengung. Nachtschicht und Wochenendarbeit sowieso nicht. Der durchschnittliche Hoteldirektor (ja, männlich) hat auch vollstes Verständniss für die Wehwehchen einer Schwageren.
„Sie war so voll, dass sie nicht weiß wer der Vater ist!“ – „Der Vater ist verheiratet, hat seine Frau betrogen, mit ihr, jetzt steht sie da!“ – „Sie hat ihrem Ex das Kind untergejubelt, aber der ist einfach abgehauen!“
Jeder, ausnahmslos Jeder wusste genau, wann, wie und von wem ich schwanger wurde. Jeder hatte auch das Bedürfniss dürber zu reden. Ich habe ernsthaft in Erwägung gezogen, einen Zeitungsartikel zu veröffentlichen – im März allerdings fand ich Gefallen an den Spekualtionen. Sollen sie doch reden. Von Bekannten und anderen Frauen, habe ich bis dato immer nur gehört, dass sich kein Vater finden lässt. Kein Mann will zugeben, dass es sein Kind. Bei mir war das anders. Im laufe meiner Schwangerschaft hörte ich von immer Neuen Vätern. Der aus der Berufsschule, der aus dem Hotel, einer aus dem Theaterverein. Jeder dieser Typen hat mit stolz geschwellter Brust in feuchtfröhlicher Runde erzählt, er wäre der Vater. Nur um des klar zu stellen: ich bin weder eine Heidi Klum noch eine Jennifer Aniston oder eine Carry Bardshaw… ich hab im übrigen auch keine Leben wie Samantha Jones. Aber scheinbar wirke ich so! Gut, sollen sie doch reden. Mit genügend Selbstvertrauen kann man sogar drüber lachen. Bewunderswert, wie lange sich mehr oder weniger wildfremde Menschen über meine Probleme den Kopf zerbrechen.
„Sie haben eine bezaubernde Tochter. Wie soll sie denn heißen?“
Zugegeben. Ich habe mir einen Sohn gewünscht. Das wäre ein Richard geworden. Ich hatte auch nicht wirklich einen Plan von Babys, von Kindern und schon gar nicht vom Mama sein. Hat mich nie interessiert. Brauchte ich nicht. Warum auch. Ich will ja eh keine Kinder. Und dann lag die kleine Püpsen da in in ihrem Bettchen. So klein, so hilflos, so zart. Eingepackt in Mütze und Schlafsack und Deckchen. Es war ein heißer Sommertag. 35 Grad und die Sonne stand senkrecht am Horizont. Selbst in meinem Krankenhauszimmer war es kochend heiß. „Nein, sie dürfen die kleine nicht ausziehen! Die erfriert sofort. Vor allem die Mütze ist wichtig. Über den Kopf verliert sie sofort Temperatur.“ Ähmm… ok. Das Kind ist nass geschwitzt. „Nein, nicht zu ihnen in Bett holen. Setzen Sie sich zum stillen auf den Stuhl, niemals ins Bett!“ Ähmm… ich will doch nur kuscheln und mein Baby bei mir haben. „NEIIIINNNN, nicht auf den Bauch legen. Das Baby darf niemals auf dem Bauch liegen und schlafen!“ ÄHM…. Sorry, die dreht sich selbst auf den Bauch. Jaaa, ich weiß, sie ist 23 Stunden alt und kann sich noch gar nicht drehen, aber sehen Sie her. Ich demonstrierte der Beißzangenhaften Kinderschwester mein Phänomen. Legte mein Baby auf den Rücken ins Bettchen und nach 20 Minuten dreht sie sich auf den Bauch. „DAS DARF NICHT SEIN!“ schrie mich die Schwester an. Ja. OK. verstanden. Was genau mach ich jetzt?
„Mama, hol mich hier raus. Das halte ich nicht aus. Ich will nach Hause. Und ich will mein Baby schlafen lassen!“
Meine Mama erhörte mein Flehen und holte mich alsbald aus dem Krankenhaus.
Und endlich war ich daheim. Mit meiner kleinen Püpsen. Ein wundervolles Kind. Bereits am 7. Tag hat sie Nachts 8 Stunden durch geschlafen. Nie geweint. Gebrabbelt wenn sie Hunger hatte. Nicht geschrien. Wenn sie wach war, hat sie gelacht. Sie hat auch nicht geschielt. Dieses Typische Babyschielen – hatten wir nicht. Super pflegeleicht. Natürlich habe ich die kleine Maus dirket überall mit hin genommen. Zur Abschlussfeier der Ausbildung (den Staatspreis für die 2. beste Ausbildung in Bayern wollte ich schon persönlich abholen), auf´s Oktoberfest (Mittwoch Vormittags, gemütlich zum Spazieren gehen. Da ist selbst auf der Wies´n eine gemütliche bayerische Ruhe und Mama kann ganz entspannt mit Kinderwagen spazieren gehen.) In die Stadt, zum einkaufen, zum Kaffee trinken und zum Theater. Auf Sportveranstaltungen und auch zu einem „Date“ weil… mich gibt es ab sofort nur noch im Doppelpack!
Irgendwie, obwohl ich es nie wollte und obwohl ich mich mit Händen und Füßen gewehrt habe – ich habe mich ziemlich wohl gefühlt als Mama. Fortsetzung folgt…
Wow, das klingt ja alles toll, dann war das Mamawerden ja genau das Richtige für Dich! Schön, dass Du auch selbst sagst, dass Du Dein Baby als super pflegeleicht empfunden hast. Bei mir war das Gegenteil der Fall: super anstrengendes Schreibaby, überfordert und unglücklich mit der so erwünschten und ersehnten Mamarolle, isoliert, da ich nirgends mit meinem Sohn hingehen konnte, und oft gewünscht, alles wieder rückgängig machen zu können. So kann es auch sein, und ich denke, Du hattest echt super Glück. Genieße es!
Freue mich auf Teil 2!
Liebe Grüße,
Frühlingskindermama