Wiesn Tagebuch – noch 7 und der Rest von heute

1 Woche vorher

Nächste Woche um die Zeit (es ist gerade 12:30 Uhr) bin ich gerade unterwegs die zweite Runde frisch gezapften Augustiner unter die Leute zu bringen. Wahnsinn. Nur noch eine Woche. Wie die Zeit vergeht. Garde waren wir doch noch alle im wohlverdienten Sommerurlaub, haben uns beim Grillen mit Freunden die lauen Sommernächte vertrieben und sind am See in der Sonne gelegen.
In ein paar Tagen beginnt die schönste Zeit des Jahres. Verrückt. Gestern habe ich einen Liebesbrief an die Wiesn geschrieben. Heute ist es an der Zeit, mal einen „Liebesbrief“ an meine Gäste zu schreiben. Schließlich sind MEINE Gäste, die Besten, die die Wiesn zu bieten hat. Ich schreibe den folgenden Brief jetzt an „meinen Gast“. Weil es einfacher ist. Gemeint sind damit, all diejenigen, die wissen, dass sie gemeint sind. Madl und Buam. Von nah von fern. Alte und junge. Einfach alle meine wunderbaren, herzlichen, liebenswerten und fantastischen Gäste!

Lieber Gast,
jetzt geht es bald wieder los. Nur noch wenige Tage, bis wir endlich wieder zusammen sind. Bis du mit strahlenden Augen vor mir stehst, mich anlachst, mich in Arm nimmst und froh bist, endlich wieder „daheim“ zu sein. Ich freue mich so sehr auf dich. 50 Wochen sind doch eine lange Zeit. Ich bin schon auf dein neues Dirndl gespannt. Sicherlich hast du, wie jedes Jahr, für den ersten Samstag ein Neues! Und? Bassd dir deine alte Lederhosn noch? Ich weiß es ja selber. Von Jahr zu Jahr ist es wieder spannend ob man reinpasst. Bist du a scho so nervös? Ob die Bavaria noch steht? Ich kann dich beruhigen. Ich war schon ein paarmal draußen auf der Wiesn. Alles beim Alten. Mei, wenn ich an dich denke, dann kriege ich gleich Herzklopfen. Kannst dich noch dran erinnern, wie wir letztes Jahr deinen Mann gesucht haben und du ganz verzweifelt warst. Dabei ist er nur schnell raus vors Zelt um dir eine Tüte gebrannte Nuss´n zu holen. Weil du die so sehr gerne magst.
Und kannst dich erinnern, wie deine Frau vor fünf Jahren das erste Mal in unser Zelt kam. Du hast mich grad im Arm gehabt und mir ins Ohr geflüstert, dass ich heimlich und ohne Aufsehen eine Flasche Champagner bringen soll, weil deine Frau eben Gleich kommt und du sie überraschen willst. Die war aber schon da und fand des gar nicht lustig, dass wir so vertraut waren miteinander. Wir konnten es dann Gott sei Dank schnell aufklären und deine Frau und ich sind richtige Freundinnen geworden.
Und weißt du noch, vor zwei Jahren, als der Burschenverein da war. Du warst nach der zweiten Maß total verliebt. Mit einer List haben wir rausgefunden wie es bei „ihm“ ist. Und siehe da. Die Wiesn-Liebe hält bis heute an. Ich freue mich so sehr, wenn ihr zwei mich besuchen kommt.
Weißt du noch, wie du letztes Jahr die zwei Lebekuchenherzen für deine Freundin gekauft hast? Eins ist dir dann verloren gegangen und weil du am nächsten Tag abreisen musstest, habe ich dir versprochen, eines zu besorgen und dir zu schicken. Natürlich nicht irgendeins – nein, über die ¾ Wiesn bin ich gestampft um genau SO eins zu finden, wie du es verloren hast.
Lieber Gast, i g´frei mi so narrisch, wenn es endlich losgeht. Weil wir dann endlich wieder zusammen sind. Weil ich mich dann wieder um dein leibliches Wohl sorgen kann. Weil dann endlich wieder die schönste Zeit des Jahres ist. Und weil Du einfach der beste Gast bist, den es gibt.
Sag ganz liebe Grüße daheim. Vergiss nicht, dein G´wand raus zu legen. Lang ist´s nimmer. Die erste Maß von dir habe ich schon fast in der Hand.
Herzliche Grüße von deiner Wiesnbedienung und natürlich ein Bussal,
Deine Paula.

P.S. I g´frei mi scho, wenn i wieder o dringa derf.

Natürlich habe ich auf der Wiesn auch hin und wieder mal Gäste, denen ich keine Liebesbriefe schreiben würde. Aber der ganz große Teil meiner wunderbaren Gäste würde Ausschnitte aus diesem Brief bekommen von mir.
Viele meiner Stammgäste kenne ich seit zig Jahren. Die kenne ich, seit ich selbst noch als „Gast“ auf die Wiesn gegangen bin. Viele Gäste kenne ich auch von ganz anderen Ecken. Gar nicht von der Wiesn. Aber sie sind eben jetzt meine Gäste. Jedes Jahr kommen wieder neue, wunderbare Gäste dazu. Auf die freue ich mich auch ganz besonders.
Allerdings: jedes Jahr fehlen auch einige Gäste. Manche für immer, manche nur für ein Jahr.

Diejenigen, die für immer fehlen, werde ich auch immer vermissen. Nicht weil deren Platz leer bleibt, sondern einfach, weil sie mir ans Herz gewachsen sind. Einige davon sind am ersten Samstag bestimmt ganz nah bei mir, das weiß ich.

Einige sind mir einfach nicht mehr nah – weil das Leben manchmal so spielt. Weil man sich einfach verändert. Ich und die. Dann passt des halt nicht mehr zam. Das ist gut so. Dann ist Platz für was Neues. An die „guade oide Zeit“ denke ich trotzdem zurück. Mit einem Lächeln auf dem Gesicht. Weil die Zeit die wir zusammen hatten – nicht weniger als großartig war. Keiner von denen wird diese Zeilen lesen. Mir ist es trotzdem ein Bedürfnis, es zu schreiben.

Ein herzliches „Danke“ – an wen auch immer – dass ich Euch alle habe. Meine lieben Bekannten, guten Freunde, fantastischen Gäste und herrlichen „Wiesn-Narrischen“ Schee, dass eich gibt. Auf geht´s – da August wartet im Holzfass auf Euch!

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