Wiesn Tagebuch – noch 11 und der Rest von heute

Eine Stadt, ein Zaun und ganz viel Flair

Wir schreiben das Jahr 2016. Es sind noch nicht ganz 206 Jahre vergangen seit dem Pferderennen vor den Toren der Stadt. Der Grundstein der heutigen Wiesn. Viel, um nicht zu sagen Alles, hat sich seitdem verändert. Eines ist gleichgeblieben. Es ist immer noch München. Eine Weltstadt mit Herz. Mit historischen Gebäuden und alten Gemäuern. Eine Stadt mit einer schönen Geschichte. Mit traurigen Anekdoten. Eine Stadt die Weltgeschichte geschrieben hat. Eine Stadt die ganz besonders ist. Eine Stadt, die so unglaublich viel Flair hat. Die ein bisschen „Bussi, Bussi“ ist, die ganz viel „Daheim“ ist. Die gemütliche Wirtshäuser hat und ein verrücktes Nachtleben. Eine Stadt, in der du nachts nicht nach Hause kommst. Eine Stadt, die Ladenschließzeiten hat und die sonntags oftmals wie ausgestorben wirkt. München ist für viele, die hier leben, die „sichererste Stadt der Welt“. München ist Vorzeigemodel, wenn es um Großveranstaltungen und deren Sicherheit geht. München ist Leben. Und dann kommt die Wiesn 2016.

Die Welt hat sich verändert. Politische Aspekte, religiöser Fanatismus und an jeder Ecke Spinner. Es fliegen Bomben in die Luft. Menschen werden getötet. Aber nicht bei uns. In anderen Ländern knallt und kracht es – aber nicht bei uns. Bis jetzt. Bis am 22. Juli ein durchgeknallter Jugendlicher mit unzähligen Schüssen die „sicherste Stadt der Welt“ lahm legt. Nichts geht mehr. Die Geschichte kennen wir alle. Das letzte Mal, dass es in München „geknallt“ hat, das ist 35 Jahre her. Ja, natürlich. Auch in München gibt es Kriminalität. Hier ein Schuss, da ein Messerstecher, dort ein Überfall. Aber nicht die große, breite Masse. So richtig viel passiert hier nicht.

Dieses behütete Gefühl, das zu jeder Zeit in München zu spüren war, ist irgendwie weg. Vielleicht nicht ganz weg, aber nicht mehr so deutlich spürbar. Zugegeben. An dem Attentat-Abend vom Juli 2016 hat die Stadt alles gegeben. Sofort. Vorwürfe im Bezug auf die Sicherheit und die Reaktion von Polizei sind sicherlich völlig fehl am Platz.

Heute 11 Tage vor der Wiesn ist von dem gemütlichen und geselligen, unbeschwerten und behaglichen Flair, das München sonst ausstrahlt, nicht sonderlich viel zu spüren.

Die Festwiese wird mit einem Zaun eingefasst. Einlasskontrollen am Eingang. Rucksackverbot. Überwachungskameras.

Unser Volksfest wird zu einer Sicherheitshochburg gemacht. Täglich liest man in den Medien neue „Sicherheitsvorkehrungen“ der Stadt und selbstredend auch der Wirte. Wenn man den Gesprächen der Münchner lauscht hört man Aussagen wie: „Komisch is scho“ „Na, i geh des Jahr ned raus“ oder „Ja verreck!“ aber man hört auch „Ah geh, da derf ma sich ned so an Kopf machen!“ und „Geh schmarrn, werd ois wern!“ Ja stimmt. Es wird alles werden!

Und vor was haben wir denn Angst? Vor einem Bombenanschlag? Vor einem Attentat? Vor einem Amokläufer? Oder davor, dass alles drei zusammen passiert?

Das wird es nicht. Daran glaube ich. Warum? Weil ich glauben kann. Weil ich Vertrauen in unsere Polizei habe. Weil ich Vertrauen in unsere Sicherheitskräfte habe. Und weil ich Vertrauen in unseren Herrgott und in die Bavaria habe. Keine Hieb- und Stichfeste Argumentation, das ist schon richtig. Aber ich gehe auch täglich über irgendeine Straße, fahre jedes Jahr viele Tausende Kilometer mit dem Auto, steige auf eine Leiter zum Fensterputzen und gehe zum Mc Donalds zum Kaffee trinken. Alles höchst gefährliche Aktivitäten. Und ich glaube jeden Tag daran, dass meine Reise noch nicht zu Ende ist. Die wird auch auf der Wiesn noch nicht zu Ende sein. Und wenn ich mich irre? Dann ist das eben so. Dann kann ich das auch nicht ändern. Weil wenn der Borndlkramer dasteht, kann man mit ihm Schnapsl und noch des ein oder andere Jahr aushandeln. Aber wenn da Herrgott ruft, dann is eben rum. Schnaps hin und Wiesn her. Ich habe überhaupt keine Ambitionen, hier unten Schluss zu machen. Aber eins ist auch klar: wenn´s mich auch der Wiesn erwischt – warum auch immer – dann ist wenigstens sichergestellt, dass ich gut ausgerüstet bin. Für den Antritt vorm Petrus.

Weil: „Wennst in Himmi sogt´a wuist kemma sogt´a muaßt an Maßkurg sogt´a, mit nehma sogt´a, weil im Himmi sogt´a homs an durscht, sogt´a, alles andere sogt´a is ob´n wurscht!“

Aber genug der Albernheiten. I g´frei mi auf meine Wiesn. Auf die vielen lieben und tollen Menschen die ich jedes Jahr wieder treffe. Auf all diejenigen, die mich jedes Jahr besuchen kommen und auf all die neuen, spannenden Geschichten, die die Wiesn jedes Jahr schreibt.

Und ich freu mich drauf, wenn ich meiner Stadt wieder wunderbare und herrliche Flair zu spüren ist, dieses Münchner G´fui. Das es eben nur hier gibt. Ob mit Zaun oder ohne Rucksack – Zeit werd´s, dass losgeht. Diese Spannung – ist ja kaum auszuhalten!

Morgen: Großes Servus

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